Aus der Zeitschrift EinSicht Frühjahr 2009

Bitte des Waldes

Sterbende Bäume

von Hannes Tuch

O Mensch!

Ich bin Deiner Wände Wärme, wenn der Winterwind weht,
Bin schirmender Schatten, wenn die Sommersonne sengt!
Ich bin der hütende Helm Deines Hauses,
die Tafel des Tisches!
Ich bin das Bett, das Dich birgt,
bin das Holz Deiner segelnden Schiffe!
Ich bin der Wächter des Wassers,
der Hirte der Hindin,
bin der Stab, der Dich stützt, und der
Wehrer des Windes!
Ich bin der Arm Deiner Axt,
das Tor und die Tür Deines Hauses.
Ich bin die Wand Deiner Wiege und
das Brett Deiner Bahre.
Bin raunender Rune und
das klingende Klangholz der Klampfe.
Ich bin das Brot und die Blüte!
Das Gut und die Güte!

Erhör meine Bitte: Zerstöre mich nicht!

Hannes Tuch
(Hannes Tuch)

Im April 1980 war Hannes Tuch, der Autor dieser Bitte des Waldes, 73 Jahre alt. Er war Förster, Archäologe, Dichter, Maler und Sammler. Baum und Tier, die gesamte Natur war ihm heilig. In einem seiner Bücher schreibt er:
"Ja, die Bäume sind so viel älter auf der Erde, dass ihre Zeit für uns schon eine Ewigkeit bedeutet. Die Ewigkeit ist wie ein großer Teppich, in welchen Gottes Hände bunte Bilder wirken, deines und meines und das der Brüder Bäume!"

Die "Bitte des Waldes" ist in viele Sprachen übersetzt und steht auf Tafeln gemalt an den Rändern vieler Wälder in Südvietnam. Auch in Indien ziert es die Wand einer Universität. Besser noch wäre die Achtung vor dem Wald auf Tafeln in allen Herzen der Menschen eingeschrieben!

Diese Mitteilungen sind aus dem Stadtanzeiger für Meschede und Umgebung vom 14. April 1980


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