Kooperation mit der Natur
Eike Braunroth über die Bedeutung der Kooperation zwischen Mensch und Natur
ÖkoLand – Zeitschrift für biologischen Landbau, Ökologie, Ernährung und Agrarpolitik, 2/2001, S. 10-11
Am Anfang der Biobewegung stand die Idee, von der Natur zu lernen - mit ihr und nicht gegen sie zu arbeiten. Heute geht es um Marktanteile und Selbstbehauptung im globalisierten Wirtschaftsgetriebe, Ersatz der chemischen Schädlingsbekämpfung durch mechanische oder biologische Methoden, um Betriebswirtschaft statt Spiritualität. Eike Braunroth, Begründer und Obmann des Vereines "Kooperation mit der Natur" geht einen radikal anderen Weg.
Wer vor den Feldern von Gerd Kier steht,sucht vergeblich nach Fahrgassen und -spuren. Er benötigt sie nicht mehr, behauptet er. Nach der Aussaat verzichtet er bis zur Ernte auf jegliche Eingriffe. Der Landwirt eines 105 Hektar großen Ackerbaubetriebes im Norden Deutschlands kämpft nicht mehr. Er hat seit mehreren Jahren auf "Kooperation mit der Natur" umgestellt. Der Lohn: mehr Freiheit, mehr Selbstwertgefühl, weniger Arbeit und ein Gewinn an Wirtschaftlichkeit.
Wer mit der Natur kooperiert, führt keinen Krieg gegen sie - weder mit chemischen, noch mit mechanischen oder biologischen Waffen. "Der Bauer überdeckt mit der Schädlingsbekämpfung sein eigenes Gefühl", sagt Eike Braunroth. "Und dieses Gefühl heißt Angst." Der Psychologe und Gärtner hat eine Alternative: Das Ende der Feindschaft, die "Kooperation mit der Natur".
"Ohne die Nacktschnecken hätte ich nie diesen Weg beschritten". erzählt Braunroth voll Dankbarkeit im Interview mit ÖkoLand. Der heute 61-jährige hatte bereits als Schulkind einen kleinen Garten. Die lästigen Nacktschnecken sammelte er ab, überbrühte oder ertränkte sie in Bier. Die Tatsache, dass diese Vernichtung auf biologische Weise geschah, konnte ihn nicht beruhigen. Ihm wurde bewußt, dass er Schöpfer und Richter zugleich war und frei nach Belieben mordete. "Tiere haben ein viel älteres Recht darauf, hier zu sein als wir; denn sie leben seit vielen Millionen Jahren an diesem Ort. Ich beschloss, sie von nun an zu respektieren."
Dieser Entschluss wurde eine Lebensentscheidung, die alle Bereiche betraf. Eike Braunroth stellte sich vor seinen Garten und begann, mit den Schnecken zu sprechen: "Ich sagte ihnen, dass sie willkommen seien und dass ich sie nicht mehr töten werde. Ich sagte ihnen auch, dass ich meinen Garten liebe, dass ich Salat und Gemüse ernten wolle. Dass sie eingeladen seien, einen Teil meiner Ernte zu fressen - und mir den anderen Teil zu überlassen."
Kindlich klingende Anfänge wie diese hat Braunroth in jahrzehntelanger Forschungsarbeit zu einer Methode weiterentwickelt, die Erkenntnisse moderner Kommunikationsforschung sowie psychologische Selbsterkenntnis mit einbezieht. Immer mehr Gärtner und Landwirte gaben in den letzten Jahren den Krieg gegen Schädlinge und Ungeziefer auf und begannen, nach Braunroths Methode zu kooperieren. Das Erstaunliche: Es funktioniert! Wenn bestimmte Regeln eingehalten werden, sind zahlreiche Erfolge bei Erwerbslandwirten, Tierzüchtern sowie bei Hobbygärtnern und Hausfrauen zu verzeichnen. Die Ergebnisse wurden unter anderem in zwei Diplomarbeiten der Fachhochschule Witzenhausen dokumentiert.
Der hauptberuflich als Sonderschullehrer tätige Braunroth geht von der Vollkommenheit der Natur aus."Alle Geschöpfe sind gleichwertig, nur mit unterschiedlichen Fähigkeiten; das Besondere des Menschen ist, Verantwortung für seine Taten übernehmen zu können. Tiere können nur reagieren. "In seinen Seminaren geht es daher in erster Linie um die Einstellung des Menschen mit all seinen Gefühlen, von Ekel bis zur Angst. "Tiere sind wie ein Spiegel. Wir können den sogenannten Schädlingen dankbar sein, weil sie uns auf ein Ungleichgewicht in uns hinweisen."
Wer der Natur respektvoll und dankbar gegenübertreten kann, hat den ersten Schritt getan. Dann geht es darum, sich für die Kooperation zu entscheiden. Man muß sämtliche Methoden der Bekämpfung aufgeben und zuerst überlegen, wo man der Natur dienen kann. "Erst dienen und dann verdienen", heißt die Devise. In einem mündlichen oder schriftlichen Vertrag wird genau festgelegt, wie die Kooperation aussieht.
Dass die Schnecke versteht, was der Mensch denkt oder schreibt, erklärt Braunroth mit neuesten Erkenntnissen der Quantenphysik: "Über die morphogenetischen Felder ist alles mit allem verbunden." Physik und Kommunikationswissenschaften bestätigen, was in Eike Braunroths Garten unglaublich klingt - und doch funktioniert.
Quellen: "Flur und Furche" 3/2000 und "Natürlich Gärtnern" 5/2000
Buchvorstellung:
In Harmonie mit den Naturwesen in Garten, Feld und Flur
Eike Braunroth, OLV-Verlag, 1997, ISBN 3-922201-12-1, 160 Seiten, 360,- öS,
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Jede Pflanze hat nicht nur Sinn, sie ist Sinn. Ihr Sinn ist Sein und Entwicklung. Entwicklung ist der Weg des Dienens. Wem dient die Pflanze? Sie dient allein ihrem Schöpfer, Gott. Sie ist dem Gärtner nur insoweit verpflichtet, wie sich dieser als Teil Gottes verhält.
Gartenbau und Landwirtschaft in diesem größeren Zusammenhang zu sehen, das ist das Bestreben Eike Braunroths. In seinem Buch vermittelt er Einblicke in sein Denken und Forschen und in jene Erkenntnisse, die er in jahrzehntelanger Arbeit in und mit der Natur gewonnen hat. Das Buch widmet sich in erster Linie der Einstellung des Gärtners, denn die ist für Braunroth der Schlüssel für gutes Wachstum im Garten. Mit vielen Beispielen aus der Gartenpraxis und seinen Seminaren und einer konkreten Anleitung, wie man einen Kooperationsvertrag mit den Naturwesen abschließt, ist dieses Buch jedoch mehr als bloße Gartenphilosophie. Was Braunroth in der Anleitung für ein Garten-Tagebuch schreibt, kann auch für dieses Buch gelten: "Es ist spiritueller Dünger für den Garten. Dieser Dünger ist wesentlich wirksamer als herkömmlicher materieller Dünger. Dieser Dünger wirkt aufgrund der Beziehung, die du als Gärtner mit deinem Garten eingehst.Diese Beziehung ist eine dankende...".
Eike Braunroth
Geboren 1940 in Heppenheim/Deutschland, entschloß sich Eike Braunroth nach einer Banklehre zu einem Pädagogik- und Psychologiestudium in Gießen. Anschließend unterrichtete er als Lehrer an Grund-, Haupt- und Realschulen in Hessen, ab 1974 an einer Sonderschule für lernbehinderte Kinder in Bayern. Seit 1984 beschäftigt sich Braunroth mit spiritueller Psychologie, ein Jahr später eröffnete er eine Beratungspraxis. Schon als Schüler hatte der Landwirtesohn leidenschaftlich gegärtnert - und jahrelang erfolglos gegen Schnecken und andere "Schädlinge" gekämpft. Seit den 60er Jahren erforscht und erprobt er friedliche Wege, die im Einklang mit der Natur stehen, statt gegen sie Krieg zu führen. Braunroth ist Begründer und Obmann des Vereines "Kooperation mit der Natur", der in Arbeitskreisen an der Weiterentwicklung seiner Ideen arbeitet.